Die Seite für Alsterweiler von Matthias C.S. Dreyer u.a.

Dies ist ein geprüfter Artikel.

Zehnder Frihschobbe

Aus Alsterweiler
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Siehe auch: Achder Frihschobbe, Brunnenkerwe ONLINE 2021, Club Sellemols, Dridder Frihschobbe, Erschder Frihschobbe… weitere Ergebnisse

Zehnder Frihschobbe (auch Zehnter Frühschoppen[anm 1]) ist Teil einer Veranstaltungsreihe Frihschobbe (Brunnenkerwe) des Club Sellemols. Der Frihschobbe wird von Matthias C.S. Dreyer moderiert. Er findet jeweils am Brunnenkerwe-Sonntag, ab 11.00 Uhr im Hof der Kredenburg[1] statt.

Brunnenkerwe historischer frühschoppen 10 plakat 2024.jpg

Markus Hener und Matthias Dreyer erzählen aus Alsterweiler. Der Zehnte Frühschoppen war dem Klubisten Joseph Schlemmer gewidmet.

Markus Hener und Matthias C.S. Dreyer beim 10. Historischen Frühschoppen im Hof der Kredenburg, 30.06.2024.

Im Anschluss an den Historischen Frühschoppen fand die Ziehung der Gewinner des "Kreuzworträtsels" aus der Zeitschrift "Hecker und Mucker" statt. Unter den 12 Teilnehmern wurde drei Gewinner ausgelost.

Textentwurf

  • Kurzer Rückblick auf die bisherigen Frühschoppen (9 mal)
  • Was wollte der Klubist "Joseph Schlemmer" im Jahre 1811 in Alsterweiler?
  • Ziehung des Gewinners "Kreuzworträtsel" "Hecker und Mucker", Ausgabe 1.

TEXT----

Brunnenkerwe 2024 / 10. Historischer Frihschobbe

Sonntag, den 30. Juni 2024 / 11:00 Uhr, Hof der Kredenburg

Teil 1 – Kurzer Rückblick auf 10 mal Frihschobbe Was stand an? 2014 – Alsterweiler und Kredenburg usw.

Max. 10 Minuten

Teil 2 – Was wollte der Klubist Joseph Schlemmer 1811 in Alsterweiler?

Max. 30 Minuten


IM ANSCHLUSS – Preisverleihung Kreuzworträtsel


Wer war Joseph Schlemmer? Was sind Klubisten? Im Zuge der französischen Revolution fanden sich auf deutscher Seite Freunde derselbigen, die sich Klubisten nannten. In Mainz riefen sie die Mainzer Republik aus, wollten zu Frankreich gehören und sich von der Kurfürsten und Fürstbischöfen sowie dem gesamten Adel am linksrheinischen Ufer befreien. Die Mainzer Republik bestand vom 18. März bis zum 22. Juli 1793 (Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent auch J. Schlemmer war gewählt worden für die Gemeinde Gumbsheim) und konnte sich nicht durchsetzen, gleichwohl Frankreich die Herrschaft über unsere Region übernahm. Alsterweiler gehörte damals zum Département Mont-Tonnerre / Donnersberg und zum Arrondissement Spire / Speyer sowie zum Canton Edenkoben. Dort wurden u.a. Friedensrichter eingerichtet. Als erkennbares Zeichen der Mainzer Republik und der Klubisten wurden die sog. Freiheitsbäume aufgestellt (in Alsterweiler im Jahre 1798). Zudem sollte jeder die Cocarde - also das Emblem aus blau-weiß-rot, den französischen Nationalfarben - am Revers tragen. Joseph Schlemmer war einer der Klubisten, die zum führenden Kreis der Mainzer Republik gehörten. Es waren in der Regel akademisch gebildete Personen / Juristen, die sich dem Freiheitsideal verschrieben hatten. Angesichts der Verhältnisse im damaligen Hochstift Speyer eine durchaus nachvollziehbare Einstellung. Es herrschte unter der Bevölkerung bittere Armut, nicht umsonst – ich erinnere an den letzten Frühschoppen mit dem Thema Auswanderung – stieg die Zahl der Auswanderer immens an. Schlemmer wurde aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Klubisten verhaftet – vermutlich auch gefoltert zumindest aber in menschenunwürdigen Verhältnissen verwahrt, in Koblenz und Erfurt, später konnte er nach Straßburg. Nach dem Ende der französischen Zeit kamen einige der Klubisten in angesehene Stellungen der bayerischen Verwaltung. Schlemmer stieg zum ersten Kreisarchivar in Speyer auf. In langjährigen Verhandlungen konnte er den Kernbestand des heutigen Archivs sichern. Denn aufgrund der zersplitterten Kleinstaaterei hatten zahlreiche „neue Staatsgebiete“ Besitzansprüche an die historischen Unterlagen angemeldet u.a. Hessen. Diese damalige Vielstaaterei war ein großer Nachteil für die heutige Pfalz und ihren Urkundenbestand. Auch deshalb müssen wir heute bei Recherchen nicht nur in Speyer, sondern auch in München, Darmstadt, Frankfurt, Karlsruhe und natürlich auch Strasbourg und vielen anderen Stellen recherchieren. Irgendwie steht die Zersplitterung das Archivwesen stellvertretend für das gesamte Schicksal der Pfälzer.

Wir werden heute so vorgehen. Ich zitiere aus den Originalunterlagen zum Aufenthalt von Joseph Schlemmer in Alsterweiler und Markus Hener wird interessante Ausführungen zu einzelnen Aspekten machen. Wir sprechen über das Jahr 1811 und das Anwesen Hauptstraße Nr.8.

Teil 1 Matthias: Von dem am 10. Januar 1891 in Speyer verlebten Schullehrer Franz Hauck von Mußbach in seinem 88. Lebensjahre in Familien- und Freundeskreisen erzählt und von seinem Tochtermann Heinrich Werner, Lehrer, von Speyer, aufgezeichnet und in der Zeitschrift PALATINA veröffentlicht / ebenso auf der Seite www.alsterweiler.net.

„Herr Schlemmer kam am 15. August des Jahres 1811 von Speyer nach Alsterweiler zu meinem Pathen, dem Adjunkten Franz Peter Schwarzwälder von da, und äußerte den Wunsch, seine Ferien alljährlich mit seiner Familie in einer schönen, freundlichen Gebirgsgegend mit reiner, gesunder Luft zu verbringen zu wollen; hiezu suchte er sich ein entsprechendes Haus mit etwas Gut dabei zu kaufen. Mein Pathe konnte ihm hiebei sogleich dienlich sein. In Alsterweiler waren gerade zwei zu solchem Zwecke passende Häuser zu veräußern. Das eine war das erste Haus in Alsterweiler, das dem Johannes Platz gehörte, und das andere war der spätere „Löwen“. / Also die Hauptstraße Nr. 8, heute im Besitz von Gerhard Hauck. „Nun müßte ich auch einen Mann bekommen, der rechnen, lesen und schreiben und das Haus und die Güter verwalten könnte,“ sagte Schlemmer. Da erwiderte mein Pathe: „Dafür ist niemand besser als mein Compere, der Andreas Hauck. Er und ich sind zwei verunglückte Studenten.“ „Wenn er ein verunglückter Student ist,“ entgegnete Herr Schlemmer, „so kann er rechnen lesen und schreiben.“ Er ließ mein Vater rufen und wiederholte ihm sein Anliegen. Sie gingen nun, die zwei bezeichneten Häuser zu besehen. Als sie in die Nähe des ersteren kamen, sagte Schlemmer: „Das ist ein schönes Haus, hat große Zimmer, es wäre nun alles recht, wenn es nur ein paar Häuser weiter drin im Dorfe läge.“ (Daselbe wurde samt Garten 1899 von Bauunternehmer Massa um 56.000 Mark erworben). Sie betrachteten es nicht weiter und gingen zum anderen, zum späteren „Löwen“. Hier waren zwei große Keller und eine Keltereinrichtung. In dem Keller befanden sich lauter fünf- und zehnfüderige Fässer; da war ein geräumiger Hof, ein Pflanzengärtchen vor dem Hause (gemeint ist wohl gegenüber) und ein Wingertsgarten hinten dran, oben und unten im Hause geräumige Zimmer, kurz Herrschaftshaus auf dem Lande. „Und was für Güter sind dabei?“ fragte Herr Schlemmer. „Da sehen Sie am Wetterkreuz unten ausgebreitet, wie ein Zuckerhut, oben und unten an den Weinberg anstoßend, neunviertel, einen der schönsten Wingerte, angelegt mit Oesterreichern.“ Damals hatte man meist Gutedel, „Albig“ und „Malvasier“ gepflanzt. Markus: Wo ist die Lage? Was sind die Rebsorten Gutedel / Albig / Malvasier? Wie wurde damals gepflanzt?


Matthias:

„Dieser Junge Wingert ist vor sechs oder acht Jahren angelegt worden und hängt so voll Trauben, daß er über zwölf Fuder Wein geben kann.“ Und wirklich hat er im ersten Jahr noch mehr gegeben. Herr Schlemmer beauftragte mein Vater, bei der Versteigerung das letzte Wort zu nehmen. Als mein Vater Haus und Gut ersteigert hatte, schrieb er Herrn Schlemmer die Summe von jedem Teil und die vom Ganzen zusammen. Herr Schlemmer antwortete, ob er mit seiner Frau und seinen drei ältesten Kindern herauskommen und bei uns acht Tage wohnen könnte, bis einige Veränderungen in dem neu ersteigerten Hause vorgenommen wären. Mein Vater schrieb zurück, daß ihm dies angenehm wäre, müßte aber darauf aufmerksam machen, dass bei ihm der Stubenboden nicht gewischt, auch nicht mit Teppichen belegt, die Wände nicht mit Tapeten geziert, daß alles rein und sauber wäre. Weiter möge Herr Schlemmer bestimmen, wie viele Bettstätten er aufschlagen solle.

Markus: Zwölf Fuder Wein? Was ist das heute Stubenboden nicht gewischt / keine Teppiche / Wände ohne Tapeten / Wie lebte man damals?

Matthias: Statt einer Antwort kam auf einmal eine Chaise mit zwei Pferden nach Alsterweiler, eine seltene Erscheinung bei den Leuten damals; sie hielt vor unserem Hause. Wer stieg aus? Zuerst ein vornehmer Herr, dann eine große stattliche Dame; schöner habe ich seither keine mehr gesehen. Sie trug eine Krausehaube auf dem Kopfe und einen goldenen Ridiküle an der Hand, hernach drei Kinder, gerade so groß, wie wir auch waren. Andreas und Klara, Joseph so alt wie ich, Heinrich so alt wie mein Andreas und die Lisette so alt wie meine Klara. Wir bekamen zwölf Achatklicker geschenkt; damit glaubten wir den Himmel auf der Welt zu haben; in der Stube fingen wir gleich an damit zu spielen. Mein Vater wollte uns in den Hof jagen; man könnte ja kein Wort reden, wenn ihr uns immer unter den Füßen herumkriecht. „Vater“, sagte ich „mit denen kann man nicht im Hofe spielen; die werden sonst wüst.“ Alle Kinder vom ganzen Orte kamen in unserm Hause zusammen als sie von den schönen Klickern gehört hatten, und wollten sie sehen. Mittlerweile hatte sich Frau Schlemmer zu meiner Mutter in die Küche gemacht, wo das Mittagessen zubereitet wurde. Nach dem Mittagessen ging es in die Wingerte. Wir sind so gegangen: voraus Frau Schlemmer und meine Mutter, ihnen folgten wir sechs Kinder, hinterdrein kamen Herr Schlemmer und mein Vater. Frau Schlemmer verwunderte sich über die süßen Trauben und war erstaunt über das herrliche Obst; so voll hingen aber auch wie ich noch nie die Bäume. Niemals war ein Sturm zu befürchten.

Markus: Erläuterungen zu Chaise? Krausehaube? Ridiküle? Klicker spielen.

Matthias:

Teil 2 Im Jahre elf gab es gar kein starkes Gewitter. Des Nachts regnete es und weichte etwa einen halben Fußtief ein; bei Tag war es warm bei gedecktem Himmel; alles genug: Frucht und Heu, Obst und Wein, alles in Hülle und Fülle, überall Segen von oben. Es war ein prächtiger Herbst, eine Freude, wenn man so unter dem Balken die guten Trauben braun gefärbt und schon alle um die Zeit zeitig hängen sah! Wie schon gesagt sind Frau Schlemmer und meine Mutter vorausgegangen. Als Frau Schlemmer von den Trauben aß, sagte auf einmal mein kleiner Bruder Andreas ganz drollig: „Frau Schlemmer, man darf nicht picken; mein Vater hat uns verboten zu picken; entweder sollen wir Zinken oder den ganzen Trauben nehmen, nur nicht picken.“ Als das mein Vater und Herr Schlemmer gehört hatten, kamen sie herbei, und Herr Schlemmer war recht neugierig, zu hören, was der kleine Knirps wollte, und ließ es sich wiederholen, was er zur Frau Schlemmer gesagt. Das hatte nun Herrn Schlemmer viel Spaß gemacht, und oft, solange er in Alsterweiler war, rief er Andreas und fragte: „Was darf die Frau Schlemmer nicht?“ Da wiederholte er es jedesmal in seiner drolligen Weise und erhielt dafür immer einen Sechser geschenkt.

Markus: Währung und Geld? Sechser.

Matthias:

An diesen acht Tagen hatte die Frau Schlemmer Alsterweiler so lieb gewonnen, dass sie gar nicht mehr daraus fortgehen wollte. „Schlemmer,“ sagte sie „ich gehe nicht mehr nach Speyer; du kannst allein dahingehen; ich und die Kinder bleiben hier. Die Milch bei der Frau Hauck ist so kräuterreich; ihr Rahm so süß, so schön und gut ihre Butter und ihre Handkäse so wohlschmekend.“ Kein Wunder! Meine Mutter hat die Handkäse mit rotem Weine gewaschen. „Frau Hauck, Sie wohnen im Paradiese. Die Viktualien in Speyer sind alle so fade dagegen. Zudem ist Ihr Haus so rein, Ihre Küche so sauber, die aus Sicht des Hauses so herrlich und die Leute alle sind so freundlich, wie nirgends. Ich bleibe also bei meiner Frau Hauck.“ Markus: Milch / Kühe? Kräuterreich / Rahm / Butter und Handkäse mit rotem Wein gewaschen.

Matthias:

In Speyer besaß Herr Schlemmer eine Chaise und ein Char-a-banc. Wenn er nun in der späteren Zeit nach Alsterweiler fahren wollte, so hatte er heraufgeschrieben, und dann bin ich gewöhnlich mit dem Gaul nach Speyer geritten. War es schönes Wetter, so nahmen wir den Char-a-banc und bei ungünstiger Witterung die Chaise. Herr Schlemmer war nun in seiner neuen Wohnung in Alsterweiler eingerichtet. Nur fehlte ihm noch eine Köchin; auch hierfür wurde gesorgt. In Speyer hatte ein Garth[anm 5] von Alsterweiler bei der Schiffahrt Beschäftigung gefunden. In der Stadt Speyer unterhielt derselbe mit der Köchin des Herrn Schlemmer ein Verhältnis. Beide Personen heirateten einander und kamen in die Parterrewohnung des Schlemmer´schen Hauses in Alsterweiler zu wohnen. (Einer ihrer Söhne wurde ein gelehrter Pfarrer[anm 6]. Der andere war erst Lehrer[anm 7] in Mechtersheim und dann in Ruppertsberg, wo er starb. Letzterer und seine Nachkommen schreiben sich „Gard.“) Frau Garth besorgte Küche und Tafel zur Zufriedenheit ihrer Herrschaft. Ihr Mann fand im Hause anderweitige Beschäftigung.

Markus: Familie Garth? Schifferei in Speyer? Chaise / Char a banc / Bilder?

Matthias:

Mein Vater war über alles, namentlich über den Keller, Obmann. Als solcher ließ er den Küfer kommen, damit derselbe die Fässer herrichte. Er sagte zu Herrn Schlemmer: „Sie haben Geld; es gibt einen reichen Herbst. Die Leute wissen nicht, wohin mit dem vielen Most. Nichts als Trauben und Trauben. Er wird nicht teuer. Wir legen die beiden Keller voll.“ „Meinen Sie,“ antwortete ordentlich erschrocken Herr Schlemmer. „Nun, thun Sie das. Ich will Ihr Wort respektieren.“ Als der Herbst herannahte, nahm mein Vater Leute, um zuerst seinen Herbst zu lesen, dann jenen des Herrn Schlemmer. Ich selbst habe dabei nach meinen Kräften schon geholfen. Es ging wie´s Wetter; in drei Wochen waren die beiden Keller voll elfer Wein. Das Wetter blieb bis zum Ende des Herbstes schön. Die Keller und Keltereinrichtungen waren so gut getroffen, daß der Wein von der Kelter durch Kanäle in die 5- und 16 füderigen Fässer gelaufen ist, und zwar bis sie eine Faust leer geblieben, um Raum zum Gähren zu behalten.

Markus: 1811 Wein? Kanäle 5 und 16 füdrige Fässer? Raum fürs Gären?

Matthias:

Andere Leute waren nicht so gut für den Herbst eingerichtet. M. Eltern. hatten einen Zuber hergeliehen gehabt; er glaubte nicht, daß er so viel Most mache, als er erhielt. Er kam deshalb nach ein paar Tagen zu P. und sagte: „Ich brauche meinen Zuber.“ Was ist da zu machen? P. ging hin und leerte den Most auf den Boden und gab den Zuber zurück. Mit dem Keltern selbst waren sie gleich fertig. Sie haben aufgeschüttet, ein paar mal gedrückt und dann abgeworfen und die Träber auf dem Mist oder auf die Gasse geworfen. Später ist das besser geworden. Jetzt wird auch besser gekeltert! Ja, gegenwärtig steht Maikammer-Alsterweiler am oberen Gebirge wohl auf der höchsten Stufe des Weinbaus. Die Wingerte, in denen früher Gras gepflanzt wurde, werden wie Gärten gebaut; der Ertrag lohnt reichlichst die Arbeit. Der Wein erfährt eine vortreffliche Behandlung, deshalb der reiche Absatz; Wohlhabenheit und Reichtum sind die natürlichen Folgen. Fabriken, viele neue Häuser, darunter villenähnliche Bauten und neue Straßen entstanden und erstehen. Ein neues, stattliches Schulhaus erhebt sich abseits der Prachtbauten, und die geräumige Kirche erfreut ihre Besucher mit ihren neuen, von Künstlerhand gemalten Bildern und Dekorationen. Maikammer-Alsterweiler darf jetzt wohl unter die wohlhabendsten Gemeinden der Pfalz gezählt werden3.

Markus: Zuber / Träber / Gasse Zustand der Wingerte / Reichtum / Fabriken / Villen / Schulhaus


Teil 3

Matthias:

Wie das elfte Jahr das gesegnetste dieses Jahrhunderts war so das sechszehnte das unfruchtbarste dieses Zeitraumes. Im Jahr 1816 ist nichts geraten; alles ist im Wasser „versoffen“. Die Kartoffeln waren nicht genießbar. Die Frucht war sticksig; man konnte nichts ordentliches backen. Das Heu versporte auf den Wiesen; jeden Tag regnete es; nichts als Regen; nicht ein einzigesmal bekamen wir trockenes Futter für unsere Vieh, alles nur naß. Den „sechzehnten“ Wein hat man nicht brauchen können. Es waren lauter kleine Beerchen, wie Schrot. Man hat die Trauben heimgethan nicht wie einen Herbst, sondern wie die Kartoffeln, mit Körben und Säcken. Wenn man sich unterwegs zum Ruhen darauf gesetzt hat, sind die Hosen nicht einmal naß davon geworden. Es war eine grüne, wüste, saure Brühe. Unsere Tagelöhner haben die Trauben gestampft wie die Rüben.

Markus: 1816 / Vulkan Sticksig / saure Brühe.

Matthias:

Für Herrn Schlemmer war das sechszehnte das beste Jahr. Im Herbste 1811 hatte er den Most um 100 Gulden - wohl viel Geld für jene Zeit - das Fuder gekauft, und später das Fuder um 500 Gulden verkauft. Vom Erlöse bezahlte Schlemmer Haus und Gut und behielt noch viele tausend Gulden übrig. „Was soll ich das Geld mit nach Speyer nehmen!“ sagte er. „Ich habe diesen Gewinn von den Leuten hier erhalten; ich will allen auch wieder einigermaßen etwas davon zukommen lassen.“ Er ließ nun durch die Schelle im Maikammer-Alsterweiler, St. Martin, Diedesfeld und Kirrweiler bekannt machen: Wer ein Anleihen machen will von 30, 40, 50, 60, 90, 100 Gulden auf einige Jahre, kann solches bei Schlemmer gegen eine Handschrift auf frei Papier erhalten. Da liehen nun viele Leute Geld, bezahlten dasselbe aber auch schon in den nächsten Jahren namentlich 1818 und 1819, wo sie selbst wieder viel Wein gemacht haben, nur aus einer Gemeinde blieben Gläubiger bis zum Jahre 1828 noch im Rückstande. Ich und mein Bruder Andreas hatten meistensteils das Geld nach Speyer getragen, 12, 13, 14 und 100 Gulden in Silber in dem Rückkorbe. Wir erhielten von unserem Vater das Geld, einen Brief, ein Stück Brot und einen Groschen. In Geinsheim, im Hirsch, beim Wesel, rasten wir und tranken einen Schoppen Bier zu unserem Brote. Dann ging es weiter nach Speyer. So 14 hundert Gulden ist eine schwere Last für vier Stunden Wegs. In Speyer angekommen, gaben wir Brief und Geld ab und wurden an der Tafel des Herrn Schlemmer bewirtet. Am anderen Tage ging es gewöhnlich wieder heim, es mag da schönes Wetter gewesen sei oder regnerisches, stürmisches oder kaltes. Die Köchin versorgte uns jedesmal mit Braten und Brot auf den Weg. Vierteljährlich erhält jeder Ortsarme von Herrn Schlemmer einen Kronenthaler. Es war eine Liste der Armen von Maikammer-Alsterweiler, Sankt Martin, Diedesfeld und Kirrweiler aufgestellt. Schlemmers Tochter Lenchen und ich besorgten die Armenpflege. Wir gingen von Haus zu Haus, ich hatte die Liste in der Hand und das Fräulein die Kronenthaler in der Tasche. Da sahen wir viel Elend, unsägliches Leiden der damaligen Zeit. Im Zehnten-Hause, einem einfachen Gebäude, dort, wo jetzt das große Haus, das Schaf in Maikammer steht, das erst von Eisele, dann von Jäger bewohnt und das im Jahr 1887 von Paul Hauck für 32.000 Mark ersteigert worden war, aber an den jetzigen Gasthaus-Besitzer, Herrn Adam Kleber, um 31.000 Mark abgetreten wurde, standen etwa fünf Zehntenkelter und befanden sich darin zwei Zimmer für die Kelterknechte. In diesen Räumen lagen außer der Herbstzeit die Ortsarmen auf Stroh, ein altes Weibchen lag ohne jede Kleidung im Stroh gewickelt, die Haare kraus, durcheinander, die Nägel lang und gekrümmt. In meinem Leben sah ich kein größeres, menschliches Ungemach, als da. So wurden damals die Ortsarmen behandelt. Das Fräulein reichte selbst jedem Kranken einen Kronenthaler aus ihrer Tasche. Markus: Armut in Maikammer.

Matthias:

Heute ist es besser geworden. Maikammer-Alsterweiler besitzt seit 1889 ein von Wohltäterrinnen und Wohltätern in der neuen, die beiden Gemeinden verbindenden Straße gelegenes, freundliches, geräumiges, neu erbautes Haus für barmherzige Schwestern. Während nun die vermöglicheren und reichen Bürger sich ihrer Wohlhabenheit und ihres Besitztums erfreuen, steht im Falle des Bedürfnisses den Armen und Kranken, besonders den Fabrikarbeitern, die es da viel gibt, eine dankenswerte, unentgeltliche Hilfe zur Seite. Schlemmer, in Regierungsakten Andreas genannt, wird aber sowohl in den französischen, als auch in den deutschen Zivilstandsregister der Stadt Speyer mit dem Vornamen Joseph gerufen worden sein. Seine Geburt fällt in das Jahr 1769; Tag und der Ort seiner Geburt ist hier unbekannt. Schlemmer war Advokat am Tribunalgericht in Speyer, das seinen Sitz im jetzigen Archivgebäude hatte. Die rückwärts gelegenen Gebäude der kgl. Erziehungsanstalt für verwahrloste jugendliche Personen dienten als Gefängnis. An den Wänden eines Kellers sind noch Namen von dort ehedem eingekerkert gewesenen Verbrechern eingeritzt. Am 7. April 1816 wurde Schlemmer zum Justizrat und Advokat am Kreisgerichte (Tribunal) in Speyer ernannt. Von der bayerischen Regierung wurde er als bayerischer Bevollmächtigter nach Mainz gesandt, um mit den interessierten Mächten die das kgl. bayerische Gebiet betreffenden Akten aus dem dortigen Archive auszuscheiden und zu übernehmen. Die Verhandlungen dauerten von 9. April bis 17. Oktober desselben Jahres, und am 20. Oktober kehrte Justizrat Schlemmer mit 54 Kisten voll Akten nach Speyer zurück4.


Teil 4 / Schluß Am 13. Januar 1817 wurde Schlemmer mit der Aufsicht über das Kreisarchiv in Speyer betraut. Sein letzter in dieser Eigenschaft verfaßter Bericht ist vom 3. März 1818 datiert. Am 12. Februar im Jahre 1830 verstarb Schlemmer in Mainz.

Preisverleihung / Ziehung In unserem ersten Heft „Hecker und Mucker“ Heimatkundliche Mitteilungen Maikammer-Alsterweiler haben wir ein Kreuzworträtsel eingebaut. Mit dem Lösungswort können Sie an einer Verlosung teilnehmen, die wir nun durchführen werden. Bitte werfen Sie Ihren Abschnitt mit der Antwort und Ihrem Namen in die BOX. Wir ziehen dann den Sieger.


ENDE---

✓ = Zehnder Frihschobbe wurde am Sat, 25 Jan 2025 21:32:33 +0000 in [[Spezial:Permanenter Link/{{{2}}}|dieser Version]] die Liste der Beiträge Geprüft_1 aufgenommen.

Weblinks

Literatur

Einzelnachweise

  1. Andere Feste in der Pfalz mit ähnlichem Namen: Kinnelsbrunnefeschd (Gommersheim)

Anmerkungen

  1. Die Zählung ist in der offiziellen Ankündigung etwas durcheinander geraten. Der siebte Frühschoppen war Bestandteil der Brunnenkerwe ONLINE 2021. Somit folgte 2022 der 8., der 9. im Jahr 2023 und der 10. Frühschoppen im Jahr 2024.

Zitate

Urkunden

Begriffe

Kategorien

Zehnder Frihschobbe gehört den Kategorien an: Club Sellemols, Veranstaltung, Alsterweiler, Geprüft 1

Matzinger sagt: "letzte Überarbeitung der Seite 30.07.2024". Alle Rechte der Seite bei ©Matthias C.S. Dreyer. Der Name dieser Seite lautet: Zehnder Frihschobbe. Nutzen Sie zur Zitierung für Ihr Werk folgende vollständige Angabe: https://www.alsterweiler.net/wiki/Zehnder Frihschobbe ©Matthias C.S. Dreyer /abgerufen am 25.01.2025 ↑... Seitenanfang