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Lääderwache/Fuhrwerk Ziegler
Lääderwache/Fuhrwerk Ziegler ist ein Fuhrwerk der Familie Ziegler, das vom Club Sellemols renoviert wurde. Die Gemeinde Maikammer hat das Fuhrwerk im Überfeld aufgestellt.
Am Samstag, den 26. Oktober 2019 fand die Einweihung des Fuhrwerks statt. Dazu hat der Club Sellemols mit der Ortsgemeinde Maikammer zu einem Picknick am Standort eingeladen.
Das Fuhrwerk von Otto Ziegler ca. 1915-1920 restauriert von Albert Orth
Das Fuhrwerk stammt etwa aus den Jahren 1910 bis 1920. Es war bei seiner Auffindung als Kastenwagen aufgebaut. An die Stelle des Kastens wurden die Leitern gesetzt. Den Umbau nahm unser Mitglied im Club Sellemols, Albert Orth im Winter 2018/2019 komplett alleine vor. Die defekten Holzteile wurden ausgebessert, fehlende Bauteile ergänzt und das Fuhrwerk für die Aufstellung komplett überholt.
Der ursprüngliche Wagen stammt von Otto Ziegler, die Leiterwagenteile von seinem Sohn Erwin Ziegler. Otto (Franz Otto) Ziegler (*03. Januar 1875, †01. März 1955) stammte aus Alsterweiler wohnte aber nach seiner Heirat mit Johanne Wiss (*13. August 1892 †unbekannt) in der Hartmannstraße 37 (heute Weingut Müller). Seine Frau stammte aus Burrweiler (Burrweiler Mühle). Otto Ziegler war Gutsbesitzer. Insofern verwundert es nicht, daß sich die Familie einen derartigen repräsentativen Allzweckwagen leisten konnte. Aus der Familie gingen 3 Kinder hervor. Ein Sohn, namens Otto Oskar Erwin wohnte in der Hauptstraße 21 in Alsterweiler. Er war verheiratet mit Frieda, geb. Rhein.
Das Transportmittel für den Winzer und Bauern war bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts das Fuhrwerk. Gebaut wurden die Wagen von Wagnern, heute ein ausgestorbener Beruf. Der Wagner fertigte allerdings nur die hölzernen Teile des Wagens, denn laut Zunftordnung durfte nur der Schmied die Eisenbeschläge anbringen und die eisernen Reifen auf die Räder ziehen. Waren bis etwa zu Anfang des 19. Jahrhunderts Radmacher und Stellmacher noch vielerorts verschiedene Berufszweige, vereinigten sich im 19. Jahrhundert beide Berufszweige zum Wagner.
Die Wagen konnten in Einzelteile zerlegt werden. Für den Aufbau wurde lediglich ein Hammer benötigt. Auch dieser war im Wagen als Befestigungsbolzen der Zugwaage (Zugscheit, Ortscheit) eingebaut. So konnte der Wagen für die verschiedenen Nutzungen passend aufgebaut werden:
-Zum Transport von festen Gütern, sowie von Mist und Sackware diente der Kastenaufbau.
- Zum Holztransport wurde der Kasten und der Boden abgebaut, das Fuhrwerk konnte entsprechend der Ladung verlängert werden, was dem Transport von Langholz dienlich war.
- Beim Traubentransport im Herbst wurde der Boden und Kasten ebenfalls entfernt und auf dicken Rundhölzern die Bütten mittels Radelhölzern (Bargräddel) und Ketten zwischen den Kurzrungen verspannt.
- Zum Transport von Fässern geschah dies ebenso, hier wurden die Fässer zwischen die Langrungen gesetzt und ebenfalls mit Radelhölzern und Kette verspannt.
- Beim Transport von Heu bediente man sich der Leitern als Seitenteilen, die mittels freier Rungen, die auf den Achsen ruhten, gesichert wurden. Dies erlaubte ein breites Laden und das Gewicht der nach außen gestellten Leitern und des daraufliegenden Heus lag direkt auf der Radachse. Im hinteren Bereich wurde eine Seilwinde installiert, die mit Pletschhölzern („Pletsche“) bedient wurde. Die Seilwinde diente dazu, den Wiesbaum, der über dem Heu lag festzuzurren und damit die Ladung zu sichern. Zusätzlich waren die Leitern miteinander durch querliegende Holzriegel verbunden. An Ihnen wurde vorne und hinten je ein „Reff“ gesichert, das das Herabfallen der Ladung vorne und hinten verhinderte. Somit konnte sehr viel Heu auf einmal geladen werden.
- Beim Transport von Frucht (Getreide) bediente man sich des gleichen Aufbaus wie beim Heuwagen. Da aus den Getreidegarben oft die Körner herausfielen, hatte man den Innenraum des Fuhrwerks mit einem „Fruchttuch“ oder auch „Repstuch“ genannt ausgelegt. Die fruchttragenden Enden der Getreidegarben wurden dann ins Innere des Fuhrwerks hinwärts geladen.
Betrachten wir das Fuhrwerk genauer, fallen viele Details des Aufbaus ins Auge.
Hier achtete der Wagner besonders auf den Einsatz verschiedener Holzarten, gemäß der Belastung.
Die Räder
Der stärksten Belastung sind die Räder ausgesetzt. Ihre Nabe bestand vielfach aus Ulmenholz, in der Pfalz allerdings meist aus Eiche. Das Eichenholz wurde hierzu viele Jahre abgelagert um ein Schwinden zu vermeiden. Zur Verarbeitung wurden die Naben zuerst mit dem Wagnerbeil zugerichtet, dann auf der Drehbank gedreht um dann wiederum einige Jahre gelagert zu werden. Damit die Nabe beim Eintreiben der Speichen nicht reißt, wurde sie mehrere Stunden gekocht. Die Speichen bestehen meist aus gespaltenem Eschenholz, da dieses flexibel ist. Dieses wird mit dem Wagnerbeil grob zugehauen und auf der Schnitzbank mit dem Ziehmesser in Speichenform gebracht. Die unteren Zapfen werden mit der Säge geschnitten, die oberen Zapfen mit dem Zapfenhobel rund geschnitten. Die Felgen sind oft aus Eiche und werden mit der Säge ausgesägt. Mit dem Zapflochbohrer werden die Zapfen für die Speichenaufnahme gebohrt. Das Zusammenfügen der hölzernen Teile des Rades erfolgt dann auf der Radgrube, wobei zuerst die Nabe mit eisernen Ringen umschlossen wird. Dann erfolgt das Eintreiben der trockenen Speichen in die gewässerte Nabe. Schließlich werden mittels des Felgenziehers die Felgen auf die Speichen getrieben. Anschließend werden die Felgen mittels Keilen miteinander verbunden und die Lauffläche mittels Felgenhobel geglättet. Erst nachdem vom Schmied der Eisenreifen auf das Rad aufgebracht wurde, bohrt der Wagner mit dem Nabenbohrer das Loch zur Aufnahme der Achsbuchse. Die schwierigste Arbeit ist das genaue Ausrichten der Achsbuchse mit Keilen, damit das Rad rund läuft. Das Rad selbst ist tellerförmig und konkav in Richtung Achse gewölbt. Die Achse selbst ist an ihren Enden leicht nach unten geneigt, sodaß das Rad beim Fahren nicht von der Achse ablaufen kann. Es wird auf der Achse mit dem Achsschuh und dem Achsnagel gegen Ablaufen zusätzlich gesichert. Durch die spezielle Bauart ist es leicht, aber stark belastbar. Durch die Größe der Räder ist das Fuhrwerk leicht zu transportieren, da die Räder nur einen geringen Rollwiderstand haben. Das aufgestellte Fuhrwerk hatte je nach Aufbau ein Gewicht von knapp einer Tonne bei einem Ladevolumen von etwa 3-4 Tonnen.
Ab etwa 1900 kommen zur Fertigung der Räder die ersten Radmaschinen auf den Markt. Das Einführen der Bandsäge erleichtert die Arbeit ebenso wie der Gebrauch der genormten Nabenbohrer ab dieser Zeit.
Das Fahrgestell
Das Fahrgestell ist meist aus Eiche gefertigt. Die wichtigsten Bauteile sind hier der vordere und der hintere Achsblock. In ihm lagern die schmeideeisernen Achsen die mittels Eisenkalmmern fixiert sind. Etwa ab 1900 ging man dazu über, sogenannte „Patentachsen“ maschinell und fabrikmäßig herzustellen. Zu den Patentachsen passend wurden Achsnägel, Achsschuhe und Achsbuchsen geliefert, sowie die entsprechenden Bohraufsätze für die ab 1900 aufkommenden Nabenbohrer.
Der hintere Achsblock ist fest verbaut. In ihm ist eine runde Aufnahme für die Längsachse, in der Pfalz „Langmitt“ genannt. Ebenfalls am hinteren Achsblock befestigt ist die Bremse, die sogenannte „Mick“ (von französisch: „Mechanique“). Sie ruht auf der Langmitt und den hinteren nach außen stehenden Armen, welche durch den Achsblock gehen und die Langmitt in der Mitte des Fuhrwerks mittels Bolzen halten. Die Langmitt liegt beweglich im hinteren Achsblock, im vorderen Achsblock ist sie durch den vorderen Achsbolzen gesichert. Sie ist verschiebbar und somit die Länge des Fuhrwerks einstellbar.
Am vorderen Achsblock sind ebenfalls Arme angebracht, die das Reibholz halten das für die gleichmäßige Drehung der Vorderachse verantwortlich ist. Alles zusammen bildet den sogenannten „Drehschemel“. In diesem ruht auch die Aufnahme für die Deichsel. Die Vorderachse ist höher, um den Größenunterschied zwischen Vorder-und Hinterrädern auszugleichen. Fuhrwerke dieser Bauart sind nicht unterlenkfähig und benötigen einen großen Wendekreis. – Nicht umsonst behauptete man bei Mitmenschen mit breiten Mündern früher: „Der hot e Maul, do kinnschd en Haiwache drin rumwenne!“
Zum Fuhrwerk gehörten noch viele andere Teile, die der Nutzung zuträglich waren:
- Die sogenannte „Transportwaage“ wurde unter dem Fuhrwerk an Ketten aufgehängt, auf ihr konnte man bei langen Fahrten zusätzlich Ladung unterbringen.
- Zusätzlich zur „Mick“ bediente man sich bei Abfahrten in bergigem Gelände sogenannter „Radschuhe“. Die Vorderräder wurden hier mittels Kette verkeilt und die Radschuhe unter die Räder gelegt. So wurden die Eisenreifen beim Rutschen nicht abgenutzt.
- Bei Fahrten im Dunkeln mussten die Fuhrwerke mittels Laterne gesichert sein.
- Jeder Fuhrwerksbesitzer war verpflichtet, ein Schild am Wagen anzubringen, auf dem der Name des Besitzers und der Ort vermerkt waren.
Zugtiere:
Je nachdem, welche Zugtiere in der hauseigenen Landwirtschaft zur Verfügung standen, wurde auch der Wagen in entsprechneder Ausführung beim Wagner bestellt.
Kleinere Fuhrwerke, wie sie in bergigen Regionen oft vorkamen wurden mit einer Kuh gezogen. Hier war die Deichsel als „Schere“ angebracht. Die Steigerungsform waren dann zwei Kühe oder ein Ochse. Vermögendere Winzer verfügten schon über zwei Ochsen oder ein Pferd. Oft wurde auch zum Pferd bei schweren Ladungen ein Ochse mit vorgespannt. Reiche Gutsbesitzer ließen ihre schweren Wagen von zwei Pferden ziehen. Dies war aber eher selten. Man muß sich vor Augen halten, daß ein Stück Großvieh (Pferd, Kuh, Ochse) etwa 1 Hektar Futterfläche benötigte, was die meisten bei der hier üblichen kleinparzelligen wirtschaftsweise gar nicht vorweisen konnten.
Text: Club Sellemols 2019 (Markus Hener)
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